Valentinstag ist vorbei … Ich will die Scheidung!

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Sehr geehrte(r) CMO,

Letztes Wochenende war Valentinstag und zusammen mit unseren Freunden, feierten meine Frau und ich 25 Jahre liebevolle Beziehung. Während der Feier schweiften meine Gedanken unwillkürlich zu meiner „zweiten Beziehung“, die Beziehung die ich Ihrer Meinung nach auf jeden Fall haben sollte.  Die Beziehung zu Ihrer Firma und die Beziehung zu Ihrer Marke. 

Während ich mir die Zeit nahm und darüber nachdachte, wie Sie mich in den letzten Jahrzehnten behandelt haben, kam ich zum Schluss, dass Sie trotz der ganzen Prozessüberarbeitungen, Beratungen, guten Absichten und Firmenveränderungen, sich nicht wirklich um mich kümmerten. Sie sind einfach zu abhängig von Ihren Organisationssilos, Ihren KPIs, Ihren Branchengewohnheiten.

Damals hatte ich keine andere Wahl, als mich hiermit abzufinden. Meine Auswahl war bedingt. Zur Auswahl gab es entweder TV mit Werbung oder gar kein TV. Markenartikel Essen oder No-name Essen. Sich mit schlechtem Service abfinden, oder besser nicht einkaufen.

Doch heutzutage ist alles anders. Es ist mein Zeitalter und ich habe die Auswahlmöglichkeit. Für alles was Sie verkaufen gibt es jetzt Alternativen. Alternativen, die entweder preiswerter sind, oder mit mehr Service angeboten werden. Insgeheim frage ich mich manchmal sogar, ob ich Ihre Sachen überhaupt kaufen soll. Folglich, als letzte Woche einer Ihrer überarbeiteten, unterqualifizierten und wahrscheinlich schlecht bezahlten Call-Center-Mitarbeiter es total verpeilte und auch noch den falschen Ton traf, schnappte ich über.

Ich hab mich inzwischen beruhigt, aber ich denke noch immer ernsthaft über eine Scheidung nach. Nicht nur, weil der Mitarbeiter am anderen Ende des Telefons nicht wusste wie man mich behandeln sollte, sondern auch wegen der vielen anderen Gründe wo Ihre Marke immer wieder zeigt wie sehr sich nicht um mich kümmern. Falls Sie diese Gründe vergessen haben, lass Sie es mich ein letztes Mal hier zusammenfassen …

  1. Sie reden, reden, reden, reden, reden… und reden.

Wenn ich reden will, hört Ihr nie zu. Aber wenn Sie etwas zu sagen haben, gibt es keinen Halt. Sie unterbrechen meine Filme, meine Musik und mein Leben – für  nichts Nützliches oder Wichtiges. Außer, mir von Ihren sogenannten lebensverändernden Produkten zu erzählen. Und wenn ich versuche, Sie zu ignorieren, weil ich gerne einen Moment für mich selbst hätte, dann schreien Sie einfach noch lauter über ein anderes Medium.

  1. Sie ignorieren meine Privatsphäre 

Beim aufrufen Ihrer Website habe ich Ihnen nie die Erlaubnis gegeben mich, wo immer ich auch hingehe, mit Anzeigen zu belästigen. Nur weil ich in einem Moment der Schwäche auf Facebook auf „Gefällt mir“ geklickt habe, ist das keine Einladung, alle meine Freunde zu belästigen. Hinzu kommt: Warum wollen Sie meinen Geburtstag als Teil Ihrer Datenstrategie aufnehmen? Es ist ja nicht so, als ob Sie sich daran erinnern?!

  1. Sie halten mich für eine Selbstverständlichkeit

Es gab mal eine Weile, in der Sie Erlebnisse kreierten, die mich von den Füßen gerissen haben. Sie haben meine Welt auf den Kopf gestellt und Funken flogen nur so bei jeder Begegnung. Aber mit der Zeit haben Sie immer weniger in mich investiert und heutzutage, versuchen Sie es wahrscheinlich gar nicht mehr. Verstehen Sie es nicht falsch, ich werde gerne umworben, nur nicht jeden Tag, sondern nur gelegentlich. 

  1. Sie rufen nur an, wenn Sie verkaufen wollen

In Wirklichkeit erschweren Sie es mir sogar Sie anzurufen. Bevor Sie mit mir sprechen, muss ich alle möglichen Codes eingeben, um zu erklären, was ich von Ihnen will. Und wenn sich nach fünfzig Anrufen endlich jemand meldet, werde ich ganz plötzlich in die Warteschleife gesetzt, wird der Anruf umgeleitet oder ich finde mich wider im Menü wieder. Ganz zu schweigen davon, dass ich für jede Minute dieses Privilegs bezahlen darf.

  1. Sie haben einen wandernden Blick

Es macht mir nichts aus, dass Sie gerne freizügig sind. Sie müssen auch Ihren

Lebensunterhalt verdienen, und das ist in Ordnung. Aber es ist mir nicht egal, dass jede neue Flamme in Ihrem Leben einen besseren Deal erhält als ich. Letzten Monat haben Sie sogar angefangen, etwas wofür ich vor sechs Monaten zahlen musste, kostenlos zu verschenken. Und nein, ein Gutschein auf meinen nächsten Einkauf ist nicht ausreichend.

  1. Ihre Liebe ist bedingt und oberflächlich

Es gibt kein „besseres“ Gefühl als zu wissen, dass ich weitere 100 Punkte angesammelt habe. Noch drei weitere Jahre und ich kann die Punkte endlich in einen Wasserkocher eintauschen. Aber bis dahin ändern Sie Ihr System wahrscheinlich und ich verliere dann wieder alle meine Vorteile. Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich sage, dass es sich nicht anfühlt als würden Sie mich für meine Treue belohnen. Sie optimieren Ihre Strategie nur damit ich mehr ausgebe, ohne etwas zurückzubekommen. Haben Sie jemals überlegt einfach nur Danke zu sagen?

  1. Sie kennen mich nicht

Ich meine das nicht nur als eine Redewendung. Sie kennen mich wirklich nicht. 

Ich gehe in Ihre Geschäfte und besuche Ihre Webseite, aber jedes Mal komme ich wieder zur Schlussfolgerung, dass Sie alles über mich vergessen haben. Wer ich bin, was ich mag und was ich zuletzt gekauft habe. Und wenn ich Ihre Hilfe brauche, muss ich erstmal die Hälfte der Zeit damit verbringen um durch Hürden zu springen, damit meine Anfrage Ihre Aufmerksamkeit regt.

  1. Sie bemerken mich nur, wenn ich drohe Sie zu verlassen 

Letzten Monat, als ich sagte, ich hätte genug und ich wollte nicht mehr von Ihnen kaufen, haben Sie mich plötzlich bemerkt. Sie haben mich tatsächlich zweimal angerufen und mir alle möglichen Vorteile angeboten, um zu bleiben. Dinge, die ich nicht einmal kannte. Und während Sie mich beinahe dazu gebracht hätten zu Ihnen zurückzukommen, war es einfach zu ein wenig zu spät.

  1. Sie legen meine Sachen in immer andere Schubladen

Jetzt wo ich darüber nachdenke, da gibt es noch etwas, das mich ärgert. Jedes Mal, wenn ich mich an eines Ihrer Produkte oder Angebote gewöhnt habe, ändern Sie es oder nehmen es aus dem Sortiment – Upgrade, nennen Sie es dann. Sie behaupten, es sei zu meinem Besten, aber haben Sie mich gefragt? Wenn Sie mich gefragt hätten, hätten Sie erfahren, dass ich es so mochte, wie es ist. Ich brauchte keine „Veränderung“.

  1. Und dann gibt es noch all die anderen Sachen, die Sie tun

Sie behandeln mich als hätte ich keine Ahnung, als würde ich, dass Kekse meine Familie gesund und glücklich machen wird. Es ist wie dass hohle Versprechen, die nicht erfüllt werden. 

Also, was meinen Sie? Ich möchte nicht dastehen als der verstoßene Liebhaber und wenn ich ehrlich bin möchte ich gerne an unserer Beziehung arbeiten. Und wenn Sie bis hier gelesen haben, dann kümmern Sie sich ganz klar noch. Also hier ist meine Herausforderung. Ich bleibe bei Ihnen, wenn Sie mit mir zusammen hier dran arbeiten.

Wenn Sie das Interessen Ihrer Kunden – also ich – in den Mittelpunkt von allem, was Sie tun, setzen, dann freue ich mich auf die Zusammenarbeit.

Die Zeit der Produkte im Mittelpunkt ist vorbei. Es ist die Zeit der Kunden gekommen. Gehen Sie mit den Zeiten und machen Sie es möglich! 

Wenn Sie mehr über das Thema Kundenorientierung erfahren möchten: Setzen Sie sich mit mir in Verbindung, wenden Sie sich mit Fragen an meine Futurelab-Kollegen, lesen Sie mein Buch „So You Want To Be Customer-Centric?“ oder treten Sie der LinkedIn-Gruppe mit dem gleichen Namen bei.